Ein Einblick in die Clownerie

Brigitte Huber, Dozentin an der aeB Schweiz, berichtet im Interview über ihre Erfahrungen mit der «kleinsten Maske der Welt».

Eine rote Nase macht wahrscheinlich noch keine Clownin. Was braucht es um in der Clownerie arbeiten zu können?
Es ist definitiv so: eine rote Nase aufsetzen macht die Clownin nicht aus … Hm – was braucht es? Ich glaube, das Wichtigste ist der Mut, sich auf diesen Prozess einzulassen, auf sich selbst und auf andere. Und es braucht den Mut, sich zu exponieren, auszuprobieren und … zu scheitern. Und das sind wiederum Dinge, die in der Auseinandersetzung mit der Clownerie gelernt werden können. Eine Lebensschule, sozusagen. Wichtig finde ich eine gute Ausbildung, um mit der Haltung, dem «Clown-Zustand» und zentralen Techniken vertraut zu werden. Auf die Arbeit als Besuchsclown mit verschiedenen Zielgruppen kann man sich in Fortbildungen vorbereiten. Hier geht es dann besonders um die Kontaktaufnahme. Wie gehe ich als Clown auf die einzelnen ein? Wie kann sich aus der Begegnung ein Spiel entwickeln? Ich bin ausgebildete Besuchsclownin und bin sehr beeindruckt von der Wirkung dieser Arbeit mit alten Menschen und mit Kindern.

Wie bringst Du Deine zwei Berufungen als Dozentin und Clownin unter einen Hut?
Ich habe immer an mehreren Orten gearbeitet, weil es mir wichtig ist, unterschiedliche berufliche Bezüge und einen gewissen Gestaltungsspielraum zu haben. Das erlaubt mir jetzt auch, die Clownerie intensiver zu verfolgen. Vor einigen Wochen habe ich entschieden, die Clownerie für mich als Arbeitszeit und nicht mehr als Freizeit zu definieren. Das entlastet. Im Moment erarbeite ich mit meiner Clown-Partnerin eine Szene für die Eröffnung einer Tagung zum Thema «Tod». Dafür wenden wir fast einen Tag pro Woche auf. Der kreative Prozess läuft nicht immer klar in eine Richtung und ist anspruchsvoll – und gleichzeitig ist es faszinierend, wie aus diesem Auf und Ab etwas entsteht. Wir beschäftigen uns mit grundlegenden Lebensthemen, erweitern unser Bewegungsrepertoire, improvisieren, singen. Da passiert manchmal Überraschendes und Heiteres, und als Clowns lassen wir unsere Emotionen zu. Es ist eine Auseinandersetzung, die Körper und Seele gut tut

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Ausblick:
Clowning macht nicht nur Spass, sondern ist auch ein wirksames Mittel zur Persönlichkeitsentwick- lung.

Im diesjährigen Amuse Bouche trifft Clowning auf Future Skills – Ein neuer Ansatz um Zukunftskompetenzen zu stärken

Wir freuen uns darauf, Sie bei dieser einzigartigen und bereichernden Veranstaltung zu begrüssen. 

Ab wann und warum hast Du Dich für das Clown-Sein interessiert?
Meine Berufswünsche als Kind waren Bäuerin, Clown und Lehrerin. Als Kind entdeckte ich meine Möglichkeit, andere zum Lachen zu bringen. Es passierte einfach immer wieder. Da war eine Situations-Kreativität in mir, deren Kraft ich spürte. Ich weiss nicht mehr genau, was mich dann mit etwa vierzig Jahren dazu brachte, mich für einen Clownkurs anzumelden. Vielleicht war da der Gedanke, dass jetzt der Moment wäre, Dinge anzupacken, die mich schon länger umtreiben. Auf der Anreise in die Kurswoche, kamen dann die Zweifel, am liebsten wäre ich umgekehrt. Das ist vielleicht so ein Schlüssel: Die Ängste und Bedenken überwinden, und sich einfach darauf einlassen. In dieser Woche wurde mir eindrücklich klar, was Clownerie ist oder sein kann. Ich fühlte mich leicht, befreit und belebt. Seither ist die Clownerie eine zentrale Aktivität für mein Wohlbefinden geblieben

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Wie sieht Dein beruflicher Werdegang aus?
Ich habe Linguistik studiert und mich auf Tibetisch spezialisiert. Ich habe dann in Nepal Feldforschung gemacht und als Dissertation die Grammatik eines tibetischen Dialekts verfasst. Mit der Zeit wurde mir aber klar, dass ich auf Dauer nicht in der Wissenschaft bleiben möchte. Versuchsweise unterrichtete ich französisch und merkte, wie viel Freude es mir macht, Menschen in ihrem Lernen zu unterstützen. Nach Absolvieren des SVEB-Kurses hatte ich den Traum, einmal selbst als Dozentin in diesem Bereich zu arbeiten. 2009 hatte ich die erste Gelegenheit dazu und habe mich seither weitergebildet zur dipl. Erwachsenenbildnerin HF. Nun unterrichte ich in allen Modulen zum FA Ausbilder/in. Daneben bin ich auch selbständig unterwegs für Schulung und Beratung in den Bereichen Integration und Fremdsprachendidaktik – da hat die Linguistik doch noch ihren Platz. Und seit einiger Zeit verdiene ich auch ab und zu eine Gage als Clownin. Das überrascht und freut mich immer wieder

Wie darf man sich den Unterricht bei Dir vorstellen?
Studierende sind oft erstaunt, wenn ich erzähle, dass ich auch als Clownin unterwegs bin. Als Dozentin mache ich keine Show, sondern bin eher ruhig und bemühe mich, den Studierenden innerhalb des vorgegebenen Rahmens Raum zu geben. Ich denke, es ist ein grosses Bedürfnis nach Authentizität, das mich und meine Clownin verbindet. Vielleicht bewegt sich die Dozentin Brigitte ab und zu etwas ungewohnt, weil es ihr im Moment danach ist. Da schimmert dann die Clownin durch. Mir wird immer klarer bewusst, wie wichtig der ganzheitliche Aspekt für das Lernen in der Erwachsenenbildung wäre. Wie bist du in deinem Körper? Was sind deine Bedürfnisse? Ich baue entsprechende Elemente immer mehr ein, weil ich für die Studierenden erlebbar machen möchte, welchen Unterschied es macht beim Lernen, wenn der ganze Körper und auch Emotionen angesprochen werden.